Latente Steuern im Erbschaftsteuerrecht: Vorsorge schützt vor unerwarteter Doppelbelastung
01.01.2025
Der Tod einer nahestehenden Person bedeutet eine schwierige Zeit für die Hinterbliebenen. Eine Auseinandersetzung mit steuerlichen Details steht jetzt nicht im Vordergrund. Unternehmer können ihren Angehörigen einiges erleichtern, wenn sie sich im Vorfeld mit dem Erbschaftsteuerrecht auseinandersetzen – insbesondere mit dem Aspekt der „latenten Steuern“.
In den letzten Jahren haben sich Aktien und GmbH-Anteile als bevorzugte Mittel zur Altersvorsorge etabliert. Viele GmbHs dienen als ‚Sparschweine‘, in denen Gewinne über Jahre akkumuliert werden. Diese Gewinne können von den Gesellschaftern entweder in der GmbH belassen oder als Dividende ausgezahlt werden. Bei einer Auszahlung fallen zusätzlich 25 Prozent Kapitalertragsteuer an.
Das Finanzgericht Münster (Urteil vom 2. November 2023, 3 K 2755/22 Erb) befasste sich mit einem Fall, bei dem ein Erbe von einer doppelten Steuerlast betroffen war. Der Verstorbene erhielt Gewinne aus einer GmbH in Höhe von 187.000 Euro, abzüglich 46.750 Euro Kapitalertragsteuer, also 140.250 Euro. Da das Geld erst einen Tag nach seinem Tod gutgeschrieben wurde, setzte das Finanzamt den ursprünglichen Betrag von 187.000 Euro als erbschaftsteuerpflichtig an. Der Erbe versuchte, lediglich die erhaltenen 140.250 Euro anrechnen zu lassen – jedoch ohne Erfolg. Das Finanzgericht bestätigte die Position des Finanzamts: Für die Erbschaftsteuer zählt der Vermögensstand zum Todeszeitpunkt.
Das Gericht entschied, dass ein Abzug der Kapitalertragsteuer als Nachlassverbindlichkeit nicht zulässig sei, da die Gewinne dem Erblasser formal noch nicht zugeflossen waren. Ein Abzug wäre nur möglich gewesen, wenn das Geld vor dem Tod auf dem Konto des Verstorbenen verbucht worden wäre.
Der Fall zeigt, dass eine kluge steuerliche Vorsorge unerlässlich ist, um latente Steuern und die damit verbundene Doppelbelastung im Erbfall zu vermeiden. Dabei ist die Lösung simpel: Der erste Schritt ist die Erstellung einer umfassenden Vermögensaufstellung unter besonderer Berücksichtigung der steuerverhafteten stillen Reserven. Anschließend sollte geprüft werden, welche dieser Reserven noch zu Lebzeiten realisiert werden können.
Aktien ließen sich beispielsweise durch Verkäufe übertragen, während bei GmbHs ein Gesellschafterbeschluss zur Gewinnauszahlung erforderlich ist. Ein frühzeitiger Verkauf oder die Ausschüttung von Gewinnen könne den Nachlasswert signifikant reduzieren und dadurch die Erbschaftsteuerlast minimieren.
Ein Beispiel: Der Verkauf von Aktien mit stillen Reserven in Höhe von 500.000,00 Euro erbringe bei einem Erbschaftsteuersatz von 19 Prozent einen Steuervorteil von etwa 24.000 Euro, indem die Kapitalertragsteuer bereits zu Lebzeiten des Erblassers beglichen wurde.